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Bauernfamilie während der Kriege: Emma und Christian Kemmner

Aktualisiert: 24. Jan. 2020


Emma Catharina Kemmner war die Schwester meines Urgroßvaters und somit die Tante meines Opas. Sie wurde am Freitag, den 12. Dezember 1884 morgens um acht Uhr in Unterensingen geboren und neun Tage später, am Sonntag, den 21. Dezember 1884 von Pfarrer Hartmann getauft (Württemberg, Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials, 1500–1985). Pfarrer Johann Gg. Hartmann war von 1877 bis 1896 Pfarrer der Gemeinde Unterensingen (Quelle).

Emma Kemmner Unterensingen
Emma Kemmner bei einer Familienfeier um 1960.

Aus einer Eintragung im Heiratsregister geht hervor, dass ihr erster Vorname Emma ihr Rufname war (Württemberg, Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials, 1500–1985). Emma war die einzige Tochter der Bauern Fredericke und Matthäus Kemmner.

Als Taufpaten werden im Geburtenregister folgende Personen aufgelistet:

  • Christian Kemmner, ledig, aus Oberbohingen

  • Friederich Balz von hier (also aus Unterensingen)

  • Luise Kemmner, dessen Gattin

  • und Maria Kemmner aus Oberbohingen

(Württemberg, Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials, 1500–1985)


Christian Kemmner gab es zur damaligen Zeit einige. Leider habe ich bisher keinen finden können, der aus Oberbohingen stammte. Friedrich Balz und seine Frau Luise Kemmner waren beide Cousin und Cousine von Emmas Mutter Fredericke. Maria Kemmner war die Schwester von Fredericke Kemmner.


Über ihre Kindheit weiß man leider nicht viel. Emma war die einzige Tochter von Fredericke und Matthäus Kemmner. Sie hatte drei ältere und zwei jüngere Brüder. Als einziges Mädchen mit drei älteren Geschwistern wird sie vermutlich nicht viele und keine schweren Aufgaben auf dem elterlichen Hof erledigt haben müssen. Ich hoffe, sie hatte eine schöne Kindheit. Ihr Bruder Ernst, der später nach Amerika auswanderte, erzählte, dass Emma Teppiche um die Türen den Kleiderschranks stopfte, um ihre Kleidung vor Staub zu schützen.


Im Jahr 1910 heiratete sie Karl Christian Kemmner (Württemberg, Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials, 1500–1985).


Karl Christian Kemmner war ein Bruder meiner Urgroßmutter und daher ebenfalls ein Onkel meines Opas. Christian wurde am 16. Dezember 1876 um 10 Uhr abends in Unterensingen geboren und nur vier Tage später am 20. Dezember in selben Ort getauft (Württemberg, Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials, 1500–1985). Seine Eltern Christian Kemmner und Christiane Gähr waren Bauern und hatte bereits einen Sohn. Nach Christian folgten sechs weitere Kinder.


Christian’s Taufzeugen waren Anna Marie Gähr, die Schwester von Christian’s Mutter und Urban Kottler. Beide kamen aus Unterensingen, Urban war Bauer (Württemberg, Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials, 1500–1985). Karl Christian’s Oma väterlicherseits, war eine geborene Stumpp, heiratete dann mit 18 Jahren in erster Ehe einen Johann Jakob Kottler. Nach dessen Tod heiratete sie acht Jahre später dann Karl Christian’s Großvater Daniel Kemmner. Mittlerweile konnte ich herausfinden, dass Urban nicht der Sohn von Anna Stumpp war, jedoch heiratete er Barbara Kottler, die Tochter von Anna Stumpp und Johann Jakob Kottler.Urban Kottler war somit Karl Christian's angeheirateter Halbonkel. Mein Opa hat Kottler's für die damalige Zeit als wohlhabende Leute in Erinnerung.


Stammbaum Karl Christian Kemmner
Urban Kottler war ein angeheirateter Stiefonkel von Christian.

Als zweitgeborener Sohn musste Christian sicherlich viele Arbeiten auf dem elterlichen Hof verrichten. Sein Bruder war nur knapp ein Jahr älter. Die beiden mussten bestimmt schon mit jungen Jahren schwer arbeiten.


Karl Christian’s Vater hat in der Familienbibel vermerkt, dass sein Sohn von 1896 bis 1898 bei der Infanterie diente (Kemmner, Ein Blick zurück: Brot und Salz - Gott erhalt’s).


Familienbibel Karl Christian Kemmner
Die Eintragung des Vaters lautet: "Von 1895-97 diente meine erstgeborener Sohn bei der Artillerie. Von 1896 - 98 mein zweiter Sohn bei der Infanterie. Von 1899-1901 mein dritter Sohn bei der Artillerie. Und von 1901-1904 mein vierter Sohn bei den Ulanen"

Die Proklamation der Ehe von Christian und Emma wurde am 26. September sowie am 20. November verkündet (Württemberg, Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials, 1500–1985). Eine Proklamation bezeichnet ein Aufgebot, dass der Gemeinde die Gelegenheit bieten sollte, Gründe gegen die Eheschließung vorzubringen (Quelle). Am 24. November 1910 und halb zwölf haben Karl Christian Kemmner und Emma Catharina Kemmner geheiratet (Württemberg, Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials, 1500–1985). Es war ein kalter Donnerstag, an dem der Geistliche Wacker die Trauung hielt. Johann Gg. Gottlieb Wacker war von 1902 bis 1927 Pfarrer der evangelischen Kirche in Unterensingen (Quelle).

Interessant ist, dass meine Urgroßeltern Anna Maria und Karl Hermann Kemmner jeweils Bruder und Schwester von Karl Christian und Emma Catharina Kemmner waren. Mein Opa und seine Geschwister waren also recht nah verwandt mit den Kindern von Christian und Emma.



Karl Christian war Bauer. Schon seine Eltern waren Bauern und Christian und Emma haben den Hof übernommen, vermutlich da der ältere Bruder Urban Gustav Maler wurde. Das Haus war sehr schön, groß und hatte einen herrlich großen Garten mit Pflaumen- und anderen Obstbäumen. Der spätere Eintrag zu Emma im Sterberegister gibt auch die Adresse des Hauses an: Nürtingen Straße 20 in Unterensingen. In einem Adressverzeichnis von 1925 ist Christian noch "in der Boide 172" gelistet (Deutsche National Bibliothek; Leipzig, Deutschland; Herausgeber: G. Köllreutter;Signatur: ZB 26468; Laufende Nummer: 1). Mein Opa hat erklärt, dass die Straßennamen in Unterensingen im Laufe der Zeit umbenannt wurden. Trotz der unterschiedlichen Adressen, handelte es sich immer um das selbe Haus.


Am 18. März 1912 kam ihr erster Sohn Gottlieb Eugen zur Welt. Sein Rufname war Eugen (Württemberg, Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials, 1500–1985). Seine Taufzeugen Gottlieb Kemmner, Kaufmann in Ludwigsburg und Maria Kemmner müssen eine enge Beziehung zu Christian und Emma gehabt haben. Gottlieb war Emmas Bruder, über den ich bereits berichtet habe. Maria war vermutlich Karl Christians Schwester Anna Maria, meine Urgroßmutter.


Nur knapp ein Jahr später, kam ihre Tochter Elsa Maria am 21. April 1913 zur Welt. Elsa war später als "Boid-Else" in Unterensingen bekannt. Der Rufname verwies auf die Adresse "in der Boide", in der die Familie lebte. Auch ihre Taufzeugen sind Gottlieb Kemner sowie Maria Kemmner (Württemberg, Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials, 1500–1985). Zusätzlich ist als Stellvertreter für den Kaufmann Gottlieb Kemmner ein weiterer Gottlieb Kemmner benannt, bei dem es sich vermutlich um den Bruder von Elsa's Vater handelte.


Die Kinder der beiden waren gerade ein und zwei Jahre alt, da musste Christian 1914 gemeinsam mit seinen Brüdern Gustav und Wilhelm einrücken. Seine Mutter schreibt in der Familienbibel: „Wo wir uns zur Ernte rüsten hieß es, es gibt Krieg mit Frankreich. Ein Serbe brachte den österreichischen Kronprinz und seine Frau um. Das gab Anlass dass Österreich mit Serbien zum Krieg kam. Nun wollte der deutsche Kaiser vermitteln, aber Russland, England und Frankreich hatten sich verbündet gegen uns und so wurde Mobil gemacht. Das war ein Schrecken. Es mussten unsere Söhne Gustav und Christian und Wilhelm einrücken. Der Krieg erforderte schon viele Opfer auch von hier“ (Kemmner, Ein Blick zurück: Brot und Salz - Gott erhalt’s).


Für Emma muss diese Zeit schwer gewesen sein. Sowohl ihr Vater, als auch ihr Schwiegervater starben kurz vor Kriegsbeginn. Die Ernte stand kurz bevor und sie musste sich nun allein um zwei kleine Kinder kümmern. Ich frage mich, wie Emma diese Zeit gemeistert hat? Ich hoffe, dass Emma, ihre Mutter und Schwiegermutter ein gutes Team waren und die Ernte, die bäuerlichen Arbeiten und die Kinderpflege gemeinsam gemeistert haben. Glücklicherweise scheint Christian nicht verwundet worden zu sein - war dafür aber vermutlich die komplette Kriegszeit im Einsatz.


Wie es der kleinen Familie nach dem ersten Weltkrieg ging, kann man leider nicht sagen. In den Jahren 1917 und 1924 starben Christian's und Emma's Mutter. Ihr einziger Sohn Eugen und auch die Tochter Elsa mussten vermutlich als auch Kinder schon kräftig anpacken und bei den bäuerlichen Aufgaben helfen.


Mein Opa erinnert sich daran, dass seine Tante Emma bei jeder Begegnung einen Kuss auf die Wange erwartete. Als Kind mochte er diese Situation nicht besonders gerne. Seinen Onkel Christian hat mein Opa als gutmütigen Mann in Erinnerung, Emma war eine sparsame Frau. Wenn mein Opa Mittags mal zu Gast war, gab es häufig Milch zum Mittagessen, in die man Brot oder ähnliches eintunkte.


Während des zweiten Weltkrieges starb Karl Christian am 30. April 1940 mit 63 Jahren. Er wurde am 3. Mai um 15 Uhr beerdigt. (Württemberg, Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials, 1500–1985)


Wie auch viele andere Familien, arbeitete im zweiten Weltkrieg ein französischer Kriegsgefangener namens Maurice bei Emma, der Emma und Elsa bei den landwirtschaftlichen Aufgaben geholfen hat.


Als der Kaufmann Gottlieb Kemmner, Emmas Bruder und Taufzeuge ihrer beiden Kinder, im Sommer 1943 aus Berlin nach Unterensingen zurück kam, wollte er seine Frau und Tochter bei Emma und Elsa unterbringen. Unterkünfte waren im Krieg knapp. Doch Emma und Elsa wollten die beiden nicht aufnehmen, obwohl sie nach den Angaben meines Opas genügend Platzgehabt hätten (Kemmner, Ein Blick zurück: Brot und Salz - Gott erhalt’s). Emma und ihr Bruder Gottlieb, den sie als Taufzeugen für ihre beiden Kinder ausgewählt hatte, scheinen früher eine gute Beziehung zueinander gehabt zu haben. Was war vorgefallen?


Im Juni 1944 starb der Sohn Gottlieb Eugen an der Front in Frankreich. Über ihn werde ich an anderer Stelle berichten.


Emma Catharina Kemmner starb erst viele Jahre später am 3. September 1973 mit 88 Jahren (Württemberg, Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials, 1500–1985). Sie wird als Witwe und Hausfrau aus Unterensingen beschrieben (Württemberg, Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials, 1500–1985). Sie hatte viele Jahre über die Landwirtschaft weitergeführt.

Am 6. September 1973 um 14 Uhr fand ihre Beerdigung statt. Im Sterberegister ist notiert, dass der Frauenchor gesungen hat und dass die Beerdigung von Pfarrer Stolz gehalten wurde, der von 1973 bis 1981 Pfarrer in Unterensingen war (Quelle). Der gelesene Text war Psalm 37:37, der lautet: „Bleibe fromm und halte dich recht; denn solchem wird's zuletzt wohl gehen“ (Quelle).

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